Service-Management-Lösungen müssen vielseitig und flexibel sein, um den Anforderungen großer Unternehmen gerecht zu werden. Die Herausforderung liegt dabei darin, verschiedene Abteilungen unter einem Dach zu vereinen und eine Lösung bereitzustellen, die sich den Prozessen und Arbeitsweisen dieser Abteilungen anpasst. Jira Service Management (JSM) ist eine Lösung, die ursprünglich für das IT Service Management entwickelt wurde, inzwischen aber auch im Bereich Enterprise Service Management (ESM) eine sehr starke Rolle spielt. In diesem Beitrag betrachten wir, wie JSM für ESM eingesetzt werden kann und welche Aspekte für oder gegen den Einsatz im Enterprise-Umfeld sprechen.
1. Anerkennung im Bereich ESM
Jira Service Management wird regelmäßig in Marktbewertungen für Service-Management-Lösungen genannt. So hat Atlassian 2023 von Forrester den Titel des "Leader" im Bereich ESM erhalten. Diese Art von Anerkennung zeigt, dass JSM mit seinem Funktionsumfang und der Flexibilität das Potenzial hat, die Anforderungen über die IT hinaus zu bedienen und für verschiedene Abteilungen nutzbar zu sein.
In der Praxis bietet das allerdings keine Erfolgsgarantie. Unternehmen sollten ihre eigenen Anforderungen sorgfältig prüfen und testen, wie gut sich die angebotenen Funktionen wirklich auf die eigenen Abläufe übertragen lassen. Die Forrester-Auszeichnung deutet jedoch darauf hin, dass JSM auch im Enterprise-Umfeld eine Option sein kann.
2. Flexibilität bei der Anpassung von Prozessen
Ein Vorteil von Jira Service Management liegt in der flexiblen Konfigurationsstruktur, die es ermöglicht, JSM an die unterschiedlichen Anforderungen einzelner Unternehmensbereiche anzupassen. Dies kann eine gute Grundlage sein, um JSM nicht nur für IT-Prozesse zu nutzen, sondern auch für andere Servicebereiche wie HR, Facility Management oder Finanzen.
Individuelle Workflows und Anfragetypen: JSM erlaubt es, für jede Abteilung eigene Workflows und Anfrageformulare zu erstellen. Dadurch lässt sich ein IT-Incident-Workflow ebenso abbilden wie ein HR-Onboarding-Prozess. Für Unternehmen, die ihre Prozesse abteilungsübergreifend steuern wollen, ist das ein entscheidender Vorteil. Allerdings erfordert diese Flexibilität eine präzise und detaillierte Konfiguration, was Zeit und Fachwissen voraussetzt.
Anpassbare Formulare und Anfragen: Die Möglichkeit, Formulare und Anfrage-Typen individuell zu gestalten, ermöglicht eine spezifische Anpassung für die jeweiligen Abteilungen. So lassen sich beispielsweise spezielle Felder und Informationen für unterschiedliche Abteilungen hinzufügen, was die Benutzerfreundlichkeit erhöht. Unternehmen sollten jedoch darauf achten, die Benutzeroberfläche nicht durch zu viele Anpassungen zu überladen.
Wer mehr über das Konfigurationsmodell des Jira Service Management wissen möchte, dem empfehlen wir einen Blick in unseren Blog Post "Konfigurations- und Objektstruktur in Jira Service Management" unter https://www.d4digital.de/post/konfigurations-und-objektstruktur-in-jira-service-management zu werfen.
3. Zentralisierte Service-Plattform
Ein zentraler Aspekt von JSM ist, dass es als eine einheitliche Plattform für Service-Anfragen im gesamten Unternehmen genutzt werden kann. Mitarbeitende stellen ihre Anfragen über ein zentrales Portal, unabhängig davon, an welche Abteilung sie gerichtet sind. Das reduziert die Notwendigkeit, mehrere Tools für verschiedene Abteilungen einzusetzen und erleichtert die Verwaltung und Übersicht über alle Anfragen.
Die zentralisierte Struktur kann für viele Unternehmen sinnvoll sein, um die Interaktion mit internen Services zu vereinfachen. Die Einführung eines solchen zentralen Portals kann jedoch eine Anpassung der internen Abläufe erfordern, insbesondere wenn bisher verschiedene Systeme im Einsatz waren. Für Unternehmen, die eine konsistente Nutzererfahrung schaffen möchten, bietet JSM hier jedoch eine mögliche Lösung.
4. Umfangreiche Funktionen für Service-Management-Bedürfnisse
Jira Service Management bietet eine Reihe von Funktionen, die insbesondere für IT- und Service-Management-Prozesse nützlich sind. Diese Funktionen lassen sich in einem Enterprise-Umfeld flexibel einsetzen, gehen aber in manchen Bereichen nicht in die Tiefe, die spezialisierte ESM-Tools bieten können. Ein paar wichtige Funktionen im Überblick:
Incident-, Problem- und Change-Management: JSM unterstützt Prozesse zur Bearbeitung von Vorfällen, Problemen und Änderungen. Dies kann hilfreich sein, um Probleme strukturiert zu lösen und Änderungen koordiniert umzusetzen. Für spezialisierte Anforderungen, wie etwa im Change-Management in regulierten Umgebungen, sind jedoch möglicherweise zusätzliche Anpassungen erforderlich.
Automatisierung: JSM bietet Automatisierungsfunktionen, mit denen sich wiederkehrende Aufgaben und Standardprozesse automatisieren lassen. So können Tickets priorisiert, zugewiesen oder Benachrichtigungen versendet werden, ohne dass ein manuelles Eingreifen notwendig ist. Die Automatisierung ist hilfreich, um die Bearbeitungszeiten zu reduzieren. In komplexen Unternehmensumgebungen könnte jedoch eine Abstimmung mit anderen Automatisierungstools erforderlich sein.
SLAs und Berichterstattung: Die SLA- und Berichterstattungsfunktionen helfen dabei, Serviceziele zu definieren und deren Einhaltung zu überwachen. Die verfügbaren Berichte ermöglichen es, Performance und Servicequalität nachzuverfolgen. Hier bietet JSM grundlegende Funktionen, die für viele Unternehmen ausreichen. Bei sehr spezifischen Reporting-Anforderungen kann jedoch ein zusätzliches Reporting-Tool nötig sein.
5. Skalierbarkeit und Integration
Jira Service Management ist grundsätzlich skalierbar und lässt sich auch in großen Unternehmensumgebungen einsetzen. Die Plattform lässt sich an eine steigende Anzahl von Nutzern und Abteilungen anpassen, sodass auch wachsende Unternehmen die Lösung weiterhin nutzen können.
Ein weiterer Vorteil von JSM ist die Integration in das Atlassian-Ökosystem, insbesondere in Kombination mit Jira Software und Confluence. Dadurch können Projekte, Dokumentationen und Arbeitsprozesse eng miteinander verbunden werden. Für Unternehmen, die bereits andere Atlassian-Produkte nutzen, ergibt sich hier ein Vorteil, da der Informationsaustausch und die Zusammenarbeit zwischen den Tools nahtlos möglich ist. In Unternehmen, die viele verschiedene Systeme und Tools im Einsatz haben, sollte jedoch geprüft werden, inwieweit die Integrationsmöglichkeiten von JSM wirklich alle relevanten Anforderungen abdecken.
6. Benutzerfreundlichkeit und Akzeptanz
Ein oft übersehener Punkt ist die Benutzerfreundlichkeit. Jira Service Management bietet eine intuitive Benutzeroberfläche, die den Einstieg in das System erleichtert. Dies kann besonders für Abteilungen außerhalb der IT von Vorteil sein, die möglicherweise weniger Erfahrung mit komplexen Service-Management-Tools haben.
Trotz der Benutzerfreundlichkeit ist jedoch eine gewisse Lernkurve zu erwarten, insbesondere wenn JSM in mehreren Abteilungen eingeführt wird. Die Benutzerfreundlichkeit ist dabei nicht nur ein technisches Kriterium, sondern auch eine Frage der internen Akzeptanz. JSM kann für den Einsatz in unterschiedlichen Abteilungen angepasst werden, was die Akzeptanz erleichtert. Es empfiehlt sich jedoch, Schulungen und begleitende Maßnahmen einzuplanen, um sicherzustellen, dass die Lösung von allen Teams angenommen wird.
Fazit: Eine praktikable Option für Enterprise Service Management
Jira Service Management bietet eine solide Grundlage für Unternehmen, die eine zentralisierte Lösung für ihr Enterprise Service Management suchen. Durch die Flexibilität und die Möglichkeit zur Individualisierung eignet sich JSM für eine Vielzahl an Abteilungen und lässt sich an unterschiedliche Bedürfnisse anpassen. Die Funktionen decken die Kernbereiche des Service-Managements ab, bieten jedoch möglicherweise nicht die gleiche Tiefe wie spezialisierte Tools für jeden einzelnen Anwendungsbereich.
Die Entscheidung, ob Jira Service Management die richtige Wahl für das eigene Unternehmen ist, sollte auf einer gründlichen Bedarfsanalyse basieren. Wenn die Anforderungen an das Service Management vor allem Flexibilität und Integration erfordern, kann JSM eine gute Lösung sein. Bei sehr spezifischen Anforderungen und stark spezialisierten Service-Prozessen ist jedoch eine genaue Prüfung sinnvoll, ob JSM alle Anforderungen abdecken kann oder ob ergänzende Tools erforderlich sind.
Insgesamt bietet JSM im Enterprise-Bereich eine praktikable und vielseitige Option, die jedoch – wie jede Lösung – Vor- und Nachteile mit sich bringt.
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