top of page

Wenn Kopieren zur Migration wird - warum Jira- und Confluence-Merges selten einfach sind

  • Autorenbild: Benjamin Dombrowsky
    Benjamin Dombrowsky
  • vor 9 Stunden
  • 3 Min. Lesezeit
ree

Ein neuer Button, viele Hoffnungen

Atlassian bietet inzwischen die Möglichkeit,

Produktdaten von einer Instanz in eine andere zu kopieren. Klingt einfach – ist es aber selten.Wer schon einmal versucht hat, Jira- oder Confluence-Daten zusammenzuführen, weiß: Hinter dem „Copy“-Button steckt ein Projekt voller Abhängigkeiten, technischer Grenzen und organisatorischer Risiken.


Die Idee: Konsolidieren statt Chaos

Unternehmen wachsen, fusionieren oder restrukturieren. Plötzlich gibt es zwei Jira- oder Confluence-Umgebungen, doppelte Projekte und verschiedene Nutzergruppen. Die neue Kopierfunktion von Atlassian soll helfen, alles zusammenzuführen – ohne komplexe Migration oder manuelle Exporte.

Doch die Realität zeigt schnell: Das Kopieren ist technisch möglich, aber organisatorisch herausfordernd.

Was nach Automatisierung klingt, ist in Wahrheit ein sensibles Zusammenwachsen zweier Welten – jede mit eigener Geschichte, Struktur und Eigenheiten.
ree

Wo die Komplexität beginnt

Die Herausforderung liegt selten in der Technik selbst, sondern im Zusammenspiel der Daten. In Atlassian-Produkten ist fast alles miteinander verknüpft – Projekte, Felder, Workflows, Gruppen, Automatisierungen. Beim Kopieren greifen diese Beziehungen ineinander wie Zahnräder – und genau da entstehen Reibungen.


1. Gleiche Namen, unterschiedliche Systeme

In fast jeder Instanz gibt es Felder oder Workflows mit denselben Namen – „Priorität“, „Offen“, „In Arbeit“.Das Problem: Gleichnamig heißt nicht identisch. Das Kopier-Tool kann nicht wissen, ob diese Elemente wirklich übereinstimmen. Um Konflikte zu vermeiden, legt es sie neu an – mit dem Zusatz „(migrated)“.


Die Folge:

  • doppelte Felder und Workflows

  • fehlerhafte Filter und Dashboards

  • aufwändige Nacharbeit im Zielsystem


2. Nutzer, Gruppen und Rechte

Beim Zusammenführen treffen oft unterschiedliche Berechtigungsstrukturen aufeinander. Eine Gruppe namens „jira-admins“ kann in beiden Instanzen existieren, aber mit unterschiedlichen Mitgliedern. Nach dem Merge erhalten dadurch plötzlich Personen Rechte, die sie gar nicht haben sollten – oder verlieren sie.

Zudem werden inaktive oder ehemalige Nutzer mitkopiert. Das kann Lizenzkosten erhöhen und Datenschutzfragen aufwerfen.


3. Technische Grenzen

Atlassian nennt klare Richtwerte:

  • maximal etwa 200 Projekte pro Kopiervorgang

  • Limits bei Kommentar- und Anhangsgrößen

  • empfohlene Dateigrößen und Performance-Grenzen


Wer zu viel auf einmal kopiert, riskiert Abbrüche oder fehlerhafte Übertragungen. Große Organisationen müssen daher oft mehrere Durchläufe planen – inklusive Tests, Protokollen und Nacharbeit.


4. Verlinkungen und Automatisierungen

Ein Jira-Ticket kann in Confluence eingebettet sein. Eine Automatisierung kann Daten zwischen Projekten austauschen. Solche Verbindungen funktionieren nach dem Merge häufig nicht mehr, weil IDs, Felder oder Strukturen im Zielsystem anders heißen.

Das bedeutet: Manuelle Kontrolle und Anpassung nach der Kopie – insbesondere bei Dashboards, Filtern und Workflows.


5. Drittanbieter-Apps

Apps aus dem Atlassian Marketplace sind ein weiteres Risiko.Viele Teams nutzen Tools für Zeitbuchung, Testmanagement oder Reporting – deren Daten werden jedoch nicht automatisch kopiert. Hier ist individuelle Abstimmung nötig: App-Anbieter kontaktieren, Datenexporte prüfen, alternative Migrationspfade einplanen.


Der unterschätzte Aufwand

Das größte Missverständnis: „Kopieren = Schnell erledigt." Tatsächlich ist ein Merge oft ein mehrwöchiges Vorhaben. Es erfordert Planung, Koordination und Qualitätssicherung.


Ein erfolgreicher Merge braucht:

  1. Bestandsaufnahme: Welche Projekte, Felder und Gruppen existieren wirklich?

  2. Konfliktanalyse: Wo gibt es Überschneidungen und doppelte Namen?

  3. Testläufe: Erst klein anfangen, Fehler identifizieren, daraus lernen, neuen Testlauf durchführen.

  4. Kommunikation: Alle Beteiligten müssen wissen, was sich ändert.

  5. Nacharbeit: Dubletten bereinigen, Rechte prüfen, Dashboards reparieren.


Ein Jira-Merge ist kein IT-Task – es ist ein Organisationsprojekt.

Governance und Datenschutz

Beim Kopieren werden auch personenbezogene Daten übertragen.Das wirft rechtliche Fragen auf:

  • Wo liegen die Daten nach dem Merge?

  • Wer hat Zugriff?

  • Welche Zustimmung brauchen wir intern oder von Kunden?


Zudem speichert Atlassian selbst Protokolle der Kopiervorgänge nur für begrenzte Zeit. Wer nachvollziehbare Dokumentation benötigt, sollte eigene Berichte und Audit-Logs anlegen.


Fazit: Kein Knopfdruck, sondern ein Prozess

Atlassians Kopierfunktion ist ein starkes Werkzeug – aber kein Selbstläufer. Sie hilft, Instanzen zusammenzuführen, spart Zeit bei wiederkehrenden Aufgaben und verringert technische Barrieren. Doch sie ersetzt keine Planung, keine Kommunikation und kein Verständnis für die Komplexität der Systeme.

Wer glaubt, er kopiert nur Daten – kopiert in Wahrheit ganze Strukturen, Beziehungen und Verantwortlichkeiten.

Ein Merge ist dann erfolgreich, wenn man ihn wie das behandelt, was er ist: Ein Transformationsprojekt mit Technik, Menschen und viel Abstimmung dazwischen.

bottom of page